Fast durch das Raster gefallen

Jugendliche lernen, die Sprache der Arbeitswelt zu begreifen

Der Trainingstag in der Zentrale des Kreiskirchenamtes hat Amdya Agouda viel Spaß gemacht. Die Verständigung mit Gretel Kleinschmidt klappte ausgezeichnet. FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – „Achtung: Spracharbeiten!“ heißt ein neues Programm der Evangelischen Jugendberufshilfe. „Verschiedene Berufe sprechen verschiedene Sprachen“, erklärte Sabine Sinagowitz den Hintergrund. „Jugendliche scheitern beim Einstieg in die Arbeitswelt manchmal daran, dass sie mit dieser Fachsprache nicht umgehen können.“ Die Evangelische Jugendberufshilfe als Fachbereich des Industrie- und Sozialpfarramtes hilft mit dem neuen Programm den Jugendlichen dabei, sich zurecht zu finden in der Welt der Arbeit.

Zum Beispiel Amdya Agouda. Mit 13 Jahren kam sie aus Togo nach Deutschland. Sie hat sich durchgebissen, hat den Realschulabschluss gemacht und zusätzlich alle Prüfungen für die Fremdsprache Französisch erfolgreich absolviert. Die 20-Jährige spricht fließend Kotokoli (die Landesprache Togos), Französisch und Deutsch und verfügt über Grundkenntnisse in Englisch. Doch bei der Ausbildung zur Krankenpflegehelferin im Marienhospital Wattenscheid kam sie nicht zurecht. Das Krankenhaus kündigte ihr den Ausbildungsvertrag. Agouda zog nach Gelsenkirchen und kam über den Jugendmigrationsdienst des Diakoniewerkes (jmd) in Kontakt mit der Evangelischen Jugendberufshilfe. Das Programm „Achtung: Spracharbeiten!“ war für sie genau richtig. Sie entschied sich für ein so genanntes „Solo-Training“. Dazu Sabine Sinagowitz: „Wir bieten auch ein Training zu Zweit oder zu Dritt an. An der Hauptschule Emmastraße bauen wir derzeit ein Kleinstgruppentraining auf.“ Sinagowitz arbeitet selbst „solo“ in der Jugendberufshilfe. Das Sprachtraining hat sie in Kooperation mit dem jmd und mehreren Fachreferenten aufgebaut. Es wird zu 70 Prozent gefördert vom Land NRW im Rahmen des Programms „Pakt mit der Jugend.“

Amdya Agouda erhielt eine intensive Beratung und konnte erste praktische Erfahrungen sammeln bei einem Schnuppertag in der Zentrale des Evangelischen Kreiskirchenamtes. Weitere Praktika waren bereits verabredet. Doch dann ergab sich kurzfristig eine ganz andere Möglichkeit: Inzwischen macht sie eine Ausbildung als Sozialhelferin am Berufskolleg Königstraße. „Sie wäre fast durch das Raster gefallen“, sagte Sinagowitz, „obwohl sie Großes geleistet hat mit dem Realschulabschluss und trotz ihrer Mehrsprachigkeit.“

Das „Solo-Training“ der Evangelischen Jugendberufshilfe will Agouda weiterhin in Anspruch nehmen. Jetzt möchte sie die „Welt der Zahlen“ kennen lernen. „Rechnen kann ich ganz gut“, sagte sie, „aber ich muss die Sprache der Geschäftswelt noch besser verstehen.“ KB