Herbstsynode des Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid: Gemeinsam Kirche sein – aber wie?

Gelsenkirchen –Die Herbstsynode benannte in großer Deutlichkeit die vielen Herausforderungen, die schon jetzt und zukünftig auf die Evangelische Kirche in Gelsenkirchen und Wattenscheid zukommen. Global und lokal. Finanzkrise, Antisemitismus, Gebäudekonzeption, Bürokratie. Viele Punkte wurden benannt – und ebenso der Wille, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Hoch hinaus oder lieber eine breite Basis? Zu Beginn wurden gemeinsam (Kirch-) Türme gebaut.

Synode bedeutet wörtlich „gemeinsam auf dem Weg“, gemeinsam Kirche sein. Gemeinsam wurde auf den Bericht zur landeskirchlichen Visitation geschaut.

Der erste richtige Wintertag in Gelsenkirchen. Nasskalt, der Schulbetrieb an der Evangelischen Gesamtschule in Gelsenkirchen Bismarck läuft akustisch noch auf Hochtouren, da beginnt die Kreissynode in der Aula mit ihrer Tagung. Man spürt sofort – viele stehen noch unter dem Eindruck des Rücktritts von Präses Annette Kurschuss

Große Herausforderungen von allen Seiten

Für die Kirchenleitung sprach Landeskirchenrat Henning Juhl ein Grußwort. Er verwies auf die Gespräche während des Landessynode zum Rücktritt der Präses und betonte die Notwendigkeit einer lückenlosen Aufklärung des Falls. Zu diesen innerkirchlichen kommen die weltweiten Herausforderungen und Unsicherheiten, der Krieg in der Ukraine und der Terror der Hamas in Israel mit allen Folgen für unsere Gesellschaft. Für die Stadt Gelsenkirchen sprach Stadträtin Anne Heselhaus, auch sie deutete auf die großen Herausforderungen im Weltgeschehen. Sie forderte von allen Anwesenden deutliche Signale für Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus und für ein Zeichen der Verbundenheit.

Die Synodale Pfarrerin Antje Röckemann, Referat für Gesellschaftliche Verantwortung, brachte im weiteren Verlauf der Synode eine Solidaritätsbekundung für die Juden und Jüdinnen in unserer Stadtgesellschaft ein, die von allen Anwesenden unterzeichnet und anschließend an die Jüdischen Gemeinden in Gelsenkirchen und Wattenscheid versandt wurde.

Der Bericht von Superintendent Heiner Montanus stellte eindringlich die Herausforderungen bezüglich der schwierigen Finanzlage dar, die nicht nur mit den weniger werdenden Kirchenmitgliedern zusammenhängt. Die eigentlich auf zehn Jahre geplante Kirchenkreiskonzeption von 2019 muss daher schon jetzt den veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden. Unerlässlich sei dabei, dass alle Akteur*innen gemeinsam die Herausforderungen annehmen. Ein entsprechend zusammengesetzter Ausschuss wird dafür einberufen.

Gute Konzepte müssen gedacht werden

Dass bei den Themen Kirchenmusik und Evangelischer Jugendarbeit neue Konzepte und Finanzierungen entwickelt werden müssen, wurde ebenfalls deutlich. Der Ausschuss „Kirchenmusik, Gottesdienst und Kultur“ regte an, mindestens zwei hauptamtliche A-Kirchenmusiker*innen auf Kirchenkreisebene zu beschäftigen, um für alle Gemeinden eine professionelle Kirchenmusik, auch durch Ausbildung von nebenamtlichen Musiker*innen, vorzuhalten.

Auch die Jugendarbeit braucht eine verlässliche Finanzierung, ausreichend Personal und gut ausgestattete Standorte. Die Gebäudekonzepte der Gemeinden sollten zukünftig gemeinsam in den Blick genommen werden, betonte Jugendreferatsleiterin Barbara Eggers vor der Synode.

Der Ev. Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid wird im kommenden Jahr ein umfassendes Schutzkonzept vor sexualisierter Gewalt erstellen. Dazu referierte Teresa Thater, die als Präventionsfachkraft für die drei Kirchenkreise Gelsenkirchen und Wattenscheid, Bochum und Herne, zuständig ist. Sie berät bei der Erstellung von Schutzkonzepten in den Kirchenkreisen und begleitet der Schulung aller hauptamtlichen Mitarbeitenden. Sie verwies auch auf die sog. ForuMs-Studie, die im Auftrag der EKD erstellt und im Januar 2024 veröffentlicht wird. Diese untersucht Strukturen sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie.

Lücken schließen

Die Finanzhaushalte für 2024, für die rund 800.000 Euro aus den Rücklagen benötigt wurden, wurden verabschiedet. Den Ev. Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid trifft, wie die gesamte westfälische Landeskirche, die Finanzkrise hart. Sinkende Kirchensteuereinnahmen und steigende Kosten im Personalbereich treffen aufeinander. Vorgeschrieben und notwendige Ausgaben im Einsatz für Klimaschutz und im Engagement gegen sexuelle Grenzverletzungen verringern den Spielraum der frei verfügbaren Mittel. Auch die Kindergartengemeinschaft und der Bereich Offener Ganztag (OGS) sind nicht auskömmlich (re-)finanziert. Die Kirchengemeinden werden, so ist es üblich, über eine Pauschale pro Mitglied finanziert, diese liegt dieses Jahr bei 29,14 Euro und damit niedriger als im vergangenen Jahr.

Was auf der „Positiv-Liste“ bleibt, sind der Ideen-Reichtum, der auch im Visitationsbericht, einem Feedback einer landeskirchlichen Besuchergruppe, festgehalten ist und während der Synode diskutiert wurde. Und schließlich, darauf verwies Superintendent Heiner Montanus bereits in seiner Einbringung, bedeutet Synode wörtlich „gemeinsam auf dem Weg“, gemeinsam Kirche sein. Das beschreibt zugleich den Arbeitsprozess als auch das Ziel: Auf dem Weg. Gemeinsam.

Text: Jutta Pfeiffer
Fotos: Katrin Oelbracht