Machen, was mir am Herzen liegt

Pfarrerin Karla Wessel übernimmt neue Aufgaben in Bielefeld

Mit ganz vielen Menschen fand am 4. Oktober die Abschiedsfeier für Karla Wessel (3. von links) statt. Coronabedingt zeigt das Bild sie nur im (weiten) Kreis des Kollegiums: Matthias Siebold, Stefan Iwanczik und Antje Grüter. FOTO: CORNELIA FISCHER

Mit ganz vielen Menschen fand am 4. Oktober die Abschiedsfeier für Karla Wessel (3. von links) statt. Coronabedingt zeigt das Bild sie nur im (weiten) Kreis des Kollegiums: Matthias Siebold, Stefan Iwanczik und Antje Grüter. FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Karla Wessel hat die Trinitatis-Kirchengemeinde Buer verlassen. Mit Ehefrau Katrin Göckenjan-Wessel und Adoptivtochter Djulija ist sie am 21. Oktober ins Pfarrhaus nach Bielefeld gezogen. Nach einem Kontaktstudium an der Universität Paderborn wird sie am 1. März ihren Dienst als Pfarrerin in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde (Stadtbezirk Schildesche, nördlich von der City) antreten. Mit einem Viertel ihres Dienstumfangs wird sie im Kirchenkreis Bielefeld für Kirchenasyl und Flüchtlingsarbeit zuständig sein.

Die Nähe zum Landeskirchenamt, wo Ehefrau Katrin seit April als Oberkirchenrätin arbeitet, war natürlich auch ein Grund für den Wechsel. Doch nach 26 Jahren in derselben Gemeinde ist Karla Wessel gespannt darauf, noch einmal einen anderen Kontext zu erleben. „Wie funktioniert Gemeinde woanders?“ will sie wissen und freut sich auf neue Erfahrungen.


Ein Presbyterium mit Wachheit für Neues

Leicht ist ihr der Abschied aus Buer ganz und gar nicht gefallen. Auf die Frage, was sie all die Jahre festgehalten hat, zunächst in der Kirchengemeinde Buer-Mitte, dann in der vereinigten Trinitatis-Gemeinde, fällt ihr so Vieles ein: die Menschen, die guten Beziehungen, die Art der Zusammenarbeit, wundervolle Veranstaltungen, gelungene Projekte. Und mittendrin sagt sie: „Ich habe immer das Gefühl gehabt: Was mir am Herzen liegt, das kann ich hier auch machen.“ Ein Gefühl, das offenbar auf Gegenseitigkeit beruhte – denn fast immer fanden sich Ehren- und Hauptamtliche, die nicht nur mitgingen, sondern ihrerseits Verantwortung übernahmen. „Auch im Presbyterium gab es immer diese Grundstimmung: Wir wollen etwas ermöglichen. Da ist eine Wachheit für Neues, ein Interesse an theologischen Fragen.“


Ein Psalmwort beim Spaziergang

Seitdem die Corona-Pandemie den Alltag mitbestimmt, hat Wessel in besonderer Weise festgestellt: „Es gibt wirklich einen geistlichen Hunger und viele Menschen sind froh, wenn sie dafür Futter bekommen.“ Woher nimmt sie selbst die Zutaten dafür, was sind ihre geistlichen Quellen? „Vor der Vorbereitung auf eine Andacht oder eine Predigt gehe ich erst einmal 20 Minuten ganz persönlich mit dem Text ins Gespräch. Dazu gehört: den Text meditieren, sich der Stimme Gottes öffnen, Bilder entstehen lassen, das Gespräch mit Gott, das Herzensgebet. Oder ich nehme auf einen Spaziergang ein Psalmwort mit. Manchmal passiert dabei was.“

Die Disziplin für diese Meditationspraxis hat sie weiterentwickelt, seit Tochter Djulija vor sieben Jahren, zunächst als Pflegekind, in die Familie kam. „Nach der Elternzeit hatte ich die typischen Schwierigkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren. Das hat mich dazu gezwungen, noch einmal viel strukturierter zu arbeiten.“


Dankbar für das geschenkte Vertrauen

Die Abschiedsfeier war ein logistisches Corona-Meisterstück der Trinitatis-Gemeinde. Ein Mittagessen, ein Gottesdienst, ein Kaffeetrinken, jede/r durfte nur einem Abschnitt buchen. „Es war schön, dass dadurch doch eine Menge Leute teilnehmen konnten“, blickt Wessel zurück. „Wesentlich war für mich der Gottesdienst. Am Erntedankfest hat er mir bewusst gemacht, wofür ich dankbar bin: Dass Menschen mich in ihre Seele haben schauen lassen, mir Vertrauen geschenkt haben. Für die Gastfreundschaft: Oft durfte ich mich an einen gedeckten Tisch setzen, sowohl privat als auch in den Gemeindehäusern. Für das Engagement der Leute in der Jugendarbeit, die sie als Teil der Gemeindearbeit verstehen, ohne missionarisch daherzukommen. Für ökumenische Weite und politische Aufmerksamkeit.“