Stark machen für den Beruf

Das MIRA-Projekt des Kirchenkreises fördert zugewanderte Mütter

Claudia Quirrenbach, Antje Röckemann und Katrin Oelbracht (v.l.) helfen interessierten Migrantinnen beim Weg ins Berufsleben. PHOTO: CORNELIA FISCHER

Claudia Quirrenbach, Antje Röckemann und Katrin Oelbracht (v.l.) helfen interessierten Migrantinnen beim Weg ins Berufsleben. PHOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Gelsenkirchen ist eine internationale Stadt. Viele der hier lebenden Migrantinnen möchten gern arbeiten. Doch mangelnde Deutschkenntnisse und hier nicht anerkannte Berufsabschlüsse erschweren ihnen den Weg in den beruflichen (Wieder-) einstieg. Warum brauche ich in Deutschland zur Bewerbung einen Lebenslauf? Und wie bewerbe ich mich eigentlich richtig? Fragen wie diese will MIRA mit den teils allein erziehenden Migrantinnen klären. Das vom Bundesfamilienministerium und dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union geförderte Projekt will sie stark machen für den Beruf.

Jeden Mittwochvormittag öffnen MIRA-Mitarbeiterinnen für interessierte Frauen an der Luitpoldstraße 52 die Türen. Seit einem Monat gibt es diese offene Sprechstunde und sie wird rege angenommen. Projektträger ist der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid. Die Leiterin des Gender-Referats, Pfarrerin Antje Röckemann, ist immer wieder positiv überrascht, welche tolle Entwicklung die Frauen vom ersten Beratungstermin bis hin zum Beginn des neuen Berufslebens dabei nehmen. „Sie sind Mütter, aber nicht nur. Die Frauen lernen nach Möglichkeiten zu suchen, ihr individuelles Berufsbild weiter zu entwickeln. Und sie sind unterschiedlich alt. Großmütter sind auch dabei!“ Seit 15 Jahren engagiert sich das Gender-Referat des  Evangelischen Kirchenkreises, um die Chancengerechtigkeit zugewanderter Frauen mit Kindern zu erhöhen.


Vier Monate lang die Schulbank drücken

Ermutigung, Austausch mit anderen Müttern, neue Berufsperspektiven, das will auch die Berufsberaterin Claudia Quirrenbach den MIRA-Teilnehmerinnen ermöglichen: „Je nach Sprachkenntnissen, Bildungsvoraussetzungen, beruflichen Interessen und familiärer Lebenssituation geht jede Frau dabei einen eigenen Weg.“ Besonders wichtig findet Quirrenbach, dass die Frauen während eines Berufspraktikums die Luft von echten deutschen Betrieben schnuppern. Dafür hat MIRA ein weites Netz gespannt. Viele Gelsenkirchener Betriebe bieten bereitwillig Praktikumsplätze an.

Am Anfang steht die Beratung in der offenen Sprechstunde. Was dann folgt, hängt ganz von der jeweiligen Situation der Einzelnen ab. Sprachkurse, um die Deutschkenntnisse entscheidend zu verbessern? Oder das Nachholen eines guten Schulabschlusses? Oder direkt ein sechsmonatiger Kurs zur beruflichen Orientierung?

Letzteres bedeutet, vier Monate lang jeden Vormittag die Schulbank zu drücken, anschließend in einem Praktikum zwei Monate lang ins Berufsleben hinein zu schnuppern. Wichtiger „Nebeneffekt“ dabei ist auch, dass die Frauen lernen, die Kinderbetreuung für ihren Nachwuchs zu organisieren. In vielen Herkunftsländern gibt es keine Kitas oder Tagesmütter.

Das MIRA-Projekt baut dabei u.a. auf die langjährige Kooperation mit der Gleichstellungsstelle und dem Referat Zuwanderung der Stadt Gelsenkirchen, mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur vor Ort.


Noch einmal ganz neu durchstarten

Mehr als 150 Frauen haben seit Projektstart 2015 an MIRA-Kursen teilgenommen. Sie alle erhielten dadurch eine neue Perspektive. Dozentin Katrin Oelbracht erarbeitet im Kurs mit den Frauen ihr berufliches Profil. „Ein toller Erfolg war für uns zum Beispiel die Entwicklung einer Frau, die zuvor nur einige Jahre in der Türkei zur Schule gegangen war. Ihr Mann verbot ihr zu arbeiten. Und diese Frau hat es geschafft, sich von dem Mann zu trennen, sich noch einmal hinzusetzen, zu lernen und dann hat sie das Abitur geschafft.“

Weiterer wichtiger Programmpunkt ist das Üben von Vorstellungsgesprächen bei einem potentiellen Arbeitgeber. „Wir erhalten viel positives Feedback von den teilnehmenden Frauen“, freut sich Pfarrerin Antje Röckemann. „Vielleicht liegt es auch daran, dass wir eine besondere Haltung zu den Migrantinnen haben. Wir interessieren uns für die Frauen, für ihre individuellen Fähigkeiten. Und für ihren oft bewundernswerten Mut, beruflich noch einmal ganz neu durchzustarten.“